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Sterben ist noch Teil vom Leben. Sterben ist noch nicht der Tod.

Sterben ist der Übergang vom Leben in den Tod. Das Ende dieses Übergangs kann zeitlich mit dem Todeszeitpunkt eingegrenzt werden, der Beginn des Sterbens kann dagegen nicht eindeutig bestimmt werden. Denn das Ende ist jedenfalls der biologische Todeszeitpunkt = danach ist der Mensch tot. Aber wann beginnt das Sterben?

Das Sterben eines Individuums vollzieht sich auf mehreren Ebenen. Pflegende wissen nicht "automatisch" Bescheid, was Sterben für den akut zu versorgenden Menschen bedeutet. Liegt der Schwerpunkt auf psychischer oder religiöser Ebene? Welche soziale Dimension hat es für Alleinstehende oder für Menschen, die im Aufbau einer Familie sind?

Sterben - ein psychischer Vorgang[]

Oft geht das Schwinden der Körperkraft und des "Funktionierens" einher mit der Abnahme der geistigen Fähigkeiten. Daraus kann ein Rückzug des Kranken entstehen, wenn er den Sinn seines Lebens bisher an seiner "Nützlichkeit" festgemacht hat. Er fühlt sich womöglich "überflüssig", isoliert sich, hat kein Interesse mehr an seinem Umfeld. Hilfe anzunehmen kostet ihn Überwindung, oft versucht der Kranke weiter alles allein zu bewältigen, was manchmal zu weiteren Problemen führt (z.B. Verletzungen durch einen Sturz). Hier sind die Pflegenden gefordert, dem Sterbenden Wertschätzung zu vermitteln, die sein Sein betont. Es gibt auch den umgekehrten Fall, daß der Sterbende unfreiwillig in die Isolation gerät, d.h. er wird nicht mehr besucht, weil er sich vielleicht nicht mehr (adäquat) äußern kann, weil Freunde und Familie nicht wissen, was sie sagen sollen oder weil krankheitsbedingt Entstellungen oder Gerüche abschrecken. Pflegende können die Ursache ergründen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, z.B. die Angehörigenbetreuung verstärken oder geruchsintensive Wunden speziell behandeln.

Sterben - eine biologische Kettenreaktion[]

Je nach Ursache versagen im Sterbeprozess die Organfunktionen allmählich oder fallen akut aus:

Im Rahmen einer chronischen Erkrankung, die zum Tode führt, verläuft der Sterbeprozess eher langsam, während das Sterben durch Unfall oder beispielsweise Herzinfarkt sehr schnell und daher kaum merklich abläuft. Die meisten Menschen (95 %) sterben an den Folgen chronischer Krankheiten, was sich über Wochen, Monate und sogar Jahre hinziehen kann.

Zeichen des bevorstehenden Todes[]

Wenige Tage bis Stunden vor dem Tod (Finalphase) kündet sich das Ende häufig mit folgenden Zeichen an:

Es besteht möglicherweise ein wiederholter Drang zum Aufstehen, Nesteln, Umhergreifen, Entkleiden oder das Wegschieben der Bettdecke (Unruhe); oder aber vermehrte Müdigkeit und Teilnahmslosigkeit, Apathie sowie zunehmende Somnolenz. Die Reaktionen auf Reize werden geringer sowie die Orientierung in Zeit, Raum und Situation. Die Wahrnehmung der Außenwelt scheint abzunehmen, geht aber wohl nicht ganz verloren. Schlafphasen verlängern sich, eventuell bis hin zum Koma.

Die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme verringert sich zunehmend bis hin zum vollständigen Verzicht. Die Ausscheidung von Urin ist reduziert, die Kontrolle darüber geht eventuell verloren (Inkontinenz), oder es kommt in selteneren Fällen zu schmerzhaftem Harnverhalt.

Die Extremitäten (Füße, Arme, Hände) werden aufgrund nachlassender Durchblutung kalt, bei manchmal gleichzeitigem Auftreten von starkem Schwitzen. Die Körperunterseite kann sich Livide verfärben, insbesondere die Beine erscheinen "marmoriert". Die Haut erscheint fahlgrau oder bleich, der Gesichtsausdruck wird zunehmend "wächsern" mit einem manchmal ausgeprägten bleichen "Mund-Nasen-Dreieck". Der Puls ist kaum tastbar und wird wie der Blutdruck immer schwächer.

Es kommt zu einem veränderten Atemrhythmus (Cheyne-Stoke'sche Atmung, Schnappatmung) und in vielen Fällen auch zu Atemgeräuschen wie dem präfinalen "Rasseln".

Eintreten des Todes[]

Wenn alle Lebensfunktionen eines Organismus endgültig still stehen, ist der Tod eingetreten. Nach medizinischen Kriterien ist dies ein Vorgang, der in mehreren Stufen abläuft: Der klinische Tod tritt ein, wenn Herzschlag und Atmung aussetzen. In dieser Phase kann der Mensch zum Beispiel durch Herzmassage und Beatmung wiederbelebt werden. Schlägt diese Reanimation fehl, erleidet zuerst das Gehirn durch die fehlende Versorgung mit Sauerstoff Blut irreparable Schäden. Sein besonders aktiver Stoffwechsel und seine geringe Kapazität, Energie zu speichern, machen dieses Organ stark anfällig für jegliche Unterbrechung der Sauerstoff- und Nährstoffzufuhr.

Der Hirntod gilt heute juristisch als Todeszeitpunkt. Mit ihm versiegt auch die elektrische Aktivität des Gehirns - Wahrnehmung, Bewußtsein und die zentralnervöse Steuerung elementarer Lebensfunktionen fallen für immer aus. Eine besondere Bedeutung hat dabei der Hirnstamm, der aus dem Mittelhirn, der Brücke und dem verlängerten Mark besteht. Selbst wenn andere Bereiche des Gehirns bereits zerstört sind, können die Zentren des Hirnstammes den Patienten in einem vegetativen Zustand am Leben erhalten: Er kann atmen und schlucken oder bei Schmerzen das Gesicht verziehen, aber seine Wahrnehmungen wahrscheinlich nicht mehr verarbeiten.

Der Hirntod leitet den biologischen Tod zumeist ein, da nun in allen Geweben und Organen der Stoffwechsel endgültig zum Erliegen kommt. In der Haut entstehen etwa eine halbe Stunde später erste Totenflecke, da das Blut in die tiefer gelegenen Teile der Leiche absackt. Die Körpertemperatur sinkt ab. Nach etwa zwei Stunden setzt die Leichenstarre ein, da sich Stoffwechselprodukte wie zum Beispiel Milchsäure in den Muskelzellen anhäufen und Eiweiße, die sonst während der Muskelbewegung an einander vorbeigleiten, ein starres Netz bilden (Sehr abhängig von der Außentemperatur).

Das heißt, dass es bei fast jedem einzelnen Organ einen Zeitraum gibt, in dem bei nachlassender Funktionsfähigkeit ein Weiterleben möglich wäre, wenn die Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff fortgeführt wird. Irgendwann - bei jedem Organ anders - kommt dann ein Zeitraum, wo dies nicht mehr gelingen würde. Von außen ist das unter Umständen nicht feststellbar (oder nur sehr aufwändig). Man könnte sagen, dass dies der Todeszeitpunkt (oder eigentlich besser - Zeitraum, in dem der Tod eintritt) des einzelnen Organs ist.

Erst die Anhäufung solcher Ausfälle führt zum klinischen Tod (s. o.). Die Reihenfolge des Ausfalls der Organe ist nach Krankheit oder Unfallgeschehen unterschiedlich.

Koma[]

Das Koma ist eine tiefe Bewußtlosigkeit, die in verschiedene Stufen unterteilt wird.

Das Wort kommt aus dem Griechischen und stand zunächst nur für "tiefen Schlaf" - hat aber in der Medizin eine ganz andere, spezielle Bedeutung. Die Englische C-Schreibung, also Coma, taucht auch gelegentlich auf. (Das gleich klingende Wort Komma, für das Satzzeichen, hat nichts mit dem Begriff zu tun.)

In der Neurologie wird damit ein anhaltender Zustand, der sich evtl. unauffällig verändern kann, beschrieben. Er kann unterschiedliche Ursachen haben. Er wird anhand neurologischer Symptome beschrieben:

  • Anfangs noch Reaktion auf Schmerzreize, Schutzreflexe noch vorhanden.
  • Bei schweren Formen keine Reaktion mehr, schlimmstenfalls Ausfall der Atmung bei erhaltener Herzaktion

Der Schweregrad wird am Coma-Score gemessen = standardisierte Einschätzung des Schweregrades einer Bewußtseinsstörung. Kriterien sind verbale Reaktion, Augen öffnen, motorische Reaktion, motorische Reaktion auf Schmerzreize

Mögliche Ursachen[]

  • mangelnde Durchblutung des Gehirns, Blutung oder Tumor im Schädel (erhöhter Hirndruck), Erkrankung des Kreislaufsystems, Erkrankung der Atemwegsorgane, Stoffwechselstörungen (Coma diabeticum), Vergiftungen

Koma-Stufen[]

Die Glasgow Coma Scale (GCS) oder Glasgow-Koma-Skala ist eine einfache Skala zur Abschätzung einer Bewusstseinsstörung. Obwohl sie häufig in der Intensivmedizin — insbesondere nach einer Schädel-Hirn-Verletzung (Trauma) — verwendet wird, lassen sich mit der GCS auch allgemeine Bewusstseinsstörungen quantifizieren. Hierbei gilt es zu beachten, dass Empfehlungen über zu ziehende intensivmedizinische Konsequenzen (wie etwa eine endotracheale Intubation bei Werten kleiner oder gleich 8) lediglich für Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma wissenschaftlich validiert sind. Dieses verbreitete Bewertungsschema zur Beschreibung der Bewusstseinslage wurde 1974 von Graham Teasdale und Bryan J. Jennett, zwei Neurochirurgen an der Universität Glasgow (Schottland), entwickelt. Es gibt drei Rubriken, für die jeweils Punkte vergeben werden:

  • Augenöffnung
  • Verbale Kommunikation
  • Motorische (Bewegungs-)Reaktion
(Die Glasgow Coma Scale für Erwachsene )
Punkte Das Öffnen der Augen Verbale Kommunikation Motorische Reaktion
6 Punkte - - befolgt Aufforderungen
5 Punkte - konversationsfähig, ist orientiert gezielte Schmerzabwehr
4 Punkte spontan konversationsfähig, desorientiert ungezielte Schmerzabwehr
3 Punkte auf Aufforderung unzusammenhängende Worte auf Schmerzreiz Beugesynergismen (abnormale Beugung)
2 Punkte auf Schmerzreiz unverständliche Laute auf Schmerzreiz Strecksynergismen
1 Punkt keine Reaktion keine verbale Reaktion keine Reaktion auf Schmerzreiz

Für kleine Kinder wurde wegen der fehlenden verbalen Kommunikationsfähigkeit diePediatric Glasgow Coma Scale entwickelt.

Abgesehen vom Glasgow-Coma-Score ist die Entscheidung über die Behandlung von Trauma-Patienten in der Regel zusätzlich von klinischen Symptomen und Befunden (CT, MRT etc.) abhängig.

Siehe auch[]


Siehe auch[]


Literatur[]

Bücher[]

  • Gian Domenico Borasio: Über das Sterben. Was wir wissen. Was wir tun können. Wie wir uns darauf einstellen. C. H. Beck, München 2011 ISBN 978-3-406-61708-9
  • H. Friedrich: Sterben in Deutschland. Göttingen, 2006
  • Thomas Klie, Christoph Student: Sterben in Würde. Auswege aus dem Dilemma der Sterbehilfe. Herder, Freiburg i. Br. 2007 ISBN 978-3451296574 - Das Buch hier kostenlos herunterladen
  • Beate Lakotta, Walter Schels: Noch mal leben vor dem Tod. Wenn Menschen sterben. Deutsche Verlags-Anstalt, München, 2004, 224 Seiten mit 71 Duotone-Abbildungen - von Lebenden und diesen Personen nach dem Tod. ISBN 3-421-05837-7 (Bildband)
  • Reinhard Lay: Ethik in der Pflege. Ein Lehrbuch für die Aus-, Fort- und Weiterbildung. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover 2004. ISBN 3899931157, (Rezensionen' unter [1])
  • Sherwin B. Nuland, 1994: Wie wir sterben. Ein Ende in Würde? Übers. Enrico Heinemann, Reinhard Tiffert; Kindler, München: 352 S. ISBN 3463402114. Das amerikan. Original: How We Die. ISBN 0606325565. Als Taschenbuch / 1996 ISBN ??? / Preis: Euro ca 10. (Das Buch erklärt sieben sehr häufige Todesarten in einer literarischen Sprache biologisch und medizinisch korrekt.)
  • Cicely Saunders: Hospiz und Begleitung im Schmerz. Herder, Freiburg; Auflage: 4. A. – 2001, 155 Seiten. ISBN 3451042134
  • Robert F. Schmidt , Gerhard Thews. 1995, 26. A: Physiologie des Menschen. Lehrbuch. Springer, Berlin u. a. O. 28. Aufl. 2000. ISBN 3-540-66733-4. S. 574
  • Christoph Student:Sterben, Tod und Trauer – Handbuch für Begleitende. 2. Auflage, Herder, Freiburg 2006
  • Christoph Student, Albert Mühlum, Ute Student: Soziale Arbeit in Hospiz und Palliative Care. Ernst Reinhardt UTB, München 2004
  • Christoph Student, Annedore Napiwotzky: Palliative Care. Thieme, Stuttgart 2007 ISBN 9783131429414
  • C. Tesch-Römer (2004): Sterben und Tod im mittleren und höheren Erwachsenenalter. In: S.-H. Filipp und U.M. Staudinger (Hrsg.): Entwicklungspsychologie des mittleren und höheren Erwachsenenalters. Enzyklopädie der Psychologie. Serie Entwicklungspsychologie, Band C/V/6 (S. 829-854)

Zeitungen, Zeitschriften[]

  • KDA-Zeitschrift Pro Alter 2 / 2005 Sterben und Tod in Einrichtungen der Altenhilfe

In: Ausgabe 2 / 05 der KDA-Zeitschrift Pro Alter

Inhalt:
  • „Konfrontation mit dem Tod: immer häufiger und immer früher“ Wie sich Heime auf die Zunahme der Sterbefälle einstellen (sollten). Auch Fragen zur Qualität der Versorgung, Literaturhinweise.
  • Die letzten Lebenstage gestalten. Mit einer Kopiervorlage „Notfallplan: Verfügungen – Ärztlicher Bericht“ (Planung bereits im Vorfeld)


  • Tiere bei der Begleitung Sterbender sensibel einsetzen „Ich will Paula noch mal streicheln“ (Abschied nehmen und geben!)
  • „Sterben ist harte Arbeit.“ Hospizgruppen helfen Sterbenden bei ihrem letzten Schritt
  • Das Pro Alter-Interview mit Karin Wilkening: „Würdige Sterbebegleitung im Heim ist keine Kür, sondern eine gesetzlich verankerte Pflicht“
  • Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung: Vorsorge für den Notfall. Begriffserklärungen, Links.

Als e-Paper beim KDA downloaden,

2 Hinweise[]

  • zu diesem Artikel existiert im Wiki eine ausführlichere Arbeitsfassung

Dieser Artikel basiert (zum Teil) auf dem Artikel Sterben aus dem deutschsprachigen Pflegewiki (1. Auflage) und steht unter der Lizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Fassung vom …… . Im Pflegewiki ist dort eine Liste der AutorInnen verfügbar.

(nicht mehr erreichbar - nur in Webarchive)



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